Im Jahreslauf

Die Sonne hat den größten Einfluss auf die Bäume. Deshalb kommen wir bei der Baumpflege nicht umhin, den Sonnenjahreslauf in die Arbeit mit einzubeziehen: Die grünen Blätter sind reine Sonnenorgane. Aber auch Wurzeln, Knospen, Rinde und der gesamte Baum sind von der Sonne abhängig.


TIEFWINTER: FÄLLEN, AUF DEN KOPF SETZEN, KEINE BLUTENDEN GEHÖLZE SCHNEIDEN


Um Weihnachten herum hat die Sonne ihren tiefsten Stand am Himmel. Von Johanni bis jetzt hin haben sich die Pflanzensäfte immer weiter zurückgezogen. Irgendwann sind die Blätter abgefallen und nun ist scheinbar alles ganz ruhig. Die gesamte Winterzeit ist eine gute Zeit um Bäume zu fällen, das Holz haltbar, dauerhaft und brennt gut. Schon ab Weihnachten aber beginnen die Wurzeln der meisten Bäume wieder einen Druck aufzubauen. Bei manchen Gehölzen setzt dieser Druck sogar schon im Spätherbst ein. Birke, Hainbuche und Walnuss können jetzt nach einem kräftigen Schnitt regelrecht „Verbluten“ und eingehen. Für Hasel, Kopfweiden und andere Kopfbäume ist jetzt dagegen der richtige Schnittzeitpunkt: Sie bilden die gewünscht langen Gerten und Triebe aus.


FRÜHJAHR: KEINE STARKEN SCHNITTE AN BÄUMEN


Nach den letzten Fällungen im März können bis in den April hinein noch Bäume gepflanzt werden, die man über Herbst und Winter nicht in die Erde bekommen hat oder jene die wie die Hainbuche oder der Pfirsich am besten nach den Winterfrösten gepflanzt werden. Jetzt können auch gut Hecken und Sträucher geschnitten werden, die zu einem kräftigeren Wachstum angeregt werden sollen. Achtung: Starke Schnitte ziehen jetzt starkes Wachstum nach sich, da die große Wurzel mit der verkleinerten oberirdischen Pflanzenmasse nicht harmoniert. Bäume treiben „Wasserreiser“ die nicht mehr unter der Kontrolle des Baumes stehen, sondern nur noch nach Licht wachsen können. Bäume, die sich entsprechend ihrer arteigenen Form entwickeln sollen soll man jetzt überhaupt nicht stark schneiden. Apfelhochstämme, die mit ihren meterlangen Wasserreisern eher wie Kopfweiden aussehen, geben ein trauriges Zeugnis von radikalen Eingriffen in den Kräfte- und Säftehaushalt zur falschen Zeit (die schlimmsten Beispiele entstehen dann, wenn zusätzlich auch nicht auf Abteilung geschnitten wurde).


SOMMER: SCHNITT ALLER GEHÖLZE UM BIS ZU 1/3 DER LAUBMASSE VON JOHANNI BIS MICHAELI, HECKEN UM JOHANNI SCHNEIDEN


Von Johanni bis Michaeli (21. Juni und 30. September) ist die beste Zeit für den Schnitt fast aller Bäume: Bis zum Winter hin können die Bäume die Schnittwunden noch versorgen und gegen Pilze und Bakterien abschotten. Ein Auftragen von „Wundverschlussmitteln“ ist im Allgemeinen nicht nötig, meist sogar eher schädlich, da die baumeigene Feuchtigkeit nicht abtrocknen kann. Vor allem aber hat die Wurzel jetzt Gelegenheit sich bis Weihnachten der verkleinerten Baumkrone anzupassen. Im Feinwurzelbereich stößt der Baum Wurzeln ab, die von den Bodentieren sofort umgesetzt werden. Im kommenden Frühjahr treibt der Baum dann harmonisch aus und kann sich in seine arttypische Form hineinwachsen. Hecken kann man gut direkt um Johanni herum schneiden: Die erste Vogelbrut ist schon ausgeflogen und die zweite Brut hat meist noch nicht begonnen. Leider wird immer noch propagiert, dass „man im Frühjahr und Sommer wegen der Vogelbrut nicht im Garten schneiden sollte“. Hierzu möchte ich aber ganz klar feststellen, dass unsere Gartenvögel seit Jahrtausenden an die Arbeit des Menschen gewöhnt sind. Vögel wie das Rotkehlchen freuen sich so sehr über unsere Arbeit im Garten, dass ich beim Arbeiten mit Schaufel und Spaten oft aufpassen muss, dass ich es nicht mit umgrabe. Wichtig ist ein ruhiges und achtsames Umgehen mit der Tierwelt. An einer brütenden Amsel bin ich schon oft in 1m Entfernung vorbeigeklettert, ohne dass der Vogel auch nur einmal geflüchtet wäre. Wehe aber man wirft dort dir Motorsäge an ...


HERBST: ERNTEN, PFLANZEN, BORKE UND WURZELN PFLEGEN


Herbstzeit ist erst Erntezeit, dann Pflanzzeit. Bis in den Oktober werden die Bäume geschnitten, die man bis Michaeli nicht geschafft hat, dann fangen die Baumfällungen an. Herbst und Winter sind auch gute Zeiten für die Pflege der Wurzeln und der Borken. Baumwurzeln mangelt es in unseren Breiten fast immer an Lust, genauer gesagt an Luftsauerstoff im Boden. Durch vorsichtiges Lockern mit der Gartengabel kann der Boden im Baumscheibenbreich gelockert und gelüftet werden. Die Borke der Bäume sollte jetzt zumindest von Moos und Fremdbewuchs befreit werden. Hierbei sollte man vorsichtig mit der Hand, einem Holzschaber (Eis-am-Stiel-Stiel) oder einer flexiblen rundgeschliffenen Malerspachtel in abwärtsgerichteten Bewegungen den Baum rundherum säubern. Achtung: Keine Drahtbürste oder Ähnliches verwenden und nicht stärker drücken als beim Zähneputzen, da die Rinde unter der Borke sehr empfindlich ist.